Die Dinglerpresse - ein Meilenstein in der Geschichte der Buchdruckkunst

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Eine Dingler-Kniehebelpresse von 1845 im Deutschen Museum, München

 (Quelle: Clemens PFEIFFER, Vienna, Attribution, via Wikimedia Commons)

Worum es geht...

Christian Dingler (1802-1858) ist als einflussreicher Pionier des anbrechenden Maschinenzeitalters anzusehen, nicht nur in Zweibrücken, sondern auch in der Pfalz. Die oben abgebildete innovative Druckpresse machte ihn bald überregional bekannt. Der durch die Presse erzielte geschäftliche Anfangserfolg erlaubte es ihm, in weniger als drei Jahrzehnten eines der bedeutendsten Maschinenbauunternehmen im Südwesten Deutschlands zu entwickeln, zunehmend mit Lieferbeziehungen weit über Europa hinaus.

Technische Innovationsstränge, die von Dingler und seinen Ingenieuren im 19. Jahrhundert begründet wurden, haben dann - teilweise bis heute fortgeführt - auch zu technischen Anlagen von Weltbedeutung geführt (s. das zweite Highlight)

Wie es dazu kam...

Im Jahr 1827 übernahm Christian Dingler die Schlosserwerkstatt seines Vaters in der Zweibrücker Altstadt und konzentrierte sich zunächst darauf, Öl- und Schneidmühlen herzustellen. Bald machte er sich aber, nicht zuletzt auf Anregung seines Schwiegervaters, dem Zweibrücker Verleger Georg Ritter, mit der Konstruktion von eisernen Druckmaschinen vertraut (s.u.). Dies erfolgte zunächst durch Demontage und Nachbau damals marktbeherrschender Pressen aus Amerika und England. Der hiermit einhergehende Lernprozess befähigte ihn in den 1830er Jahren, eigene Pressen zu entwerfen und deutlich zu verbessern sowie ab 1834 die sog. Dingler-Presse zu produzieren (die Presse im Bild oben stammt von 1845). Mit seiner bald international renommierten Dinglerpresse (auch Zweibrücker Presse genannt) waren nun auch kleinere Druckereien in der Lage, Qualität und Geschwindigkeit der Produktion deutlich zu erhöhen, vor allem im sog. täglichen Akzidenzdruck (Anzeigen, Flugblätter u.ä.) – und das bei immer noch überschaubaren Investitionen.

Und auch in einer zweiten historischen Umbruchsphase, oft ebenfalls als Revolution bezeichnet, spielten Dingler selbst (als Maschinenbauer) und sein Schwiegervater Georg Ritter (als Verleger) eine große Rolle als einflussreiche Katalysatoren --- im sog. Vormärz der 1830er Jahre nämlich, als Zweibrücken sich als ‚Residenz des Rechts‘ (Dury 2002) etablierte und damit als eine der Wiegen der politischen Liberalisierung Deutschlands.

Wie die im liberalen französischen Recht ausgebildeten hochrangigen Richter und Anwälte im Umfeld des Königlichen Bairischen Appellationshofes in Zweibrücken waren auch Dingler und Ritter gefährlichen Verleumdungskampagnen autokratisch denkender Mitbürger und politischen Pressionen der Bayerischen Regierung ausgesetzt. Namhafte Vertreter der Bewegung wurden mit Gefängnisstrafen belegt oder sahen schließlich eine Flucht ins Exil als einzigen Ausweg: In dieser hochpolitisierten Epoche hatte sich Zweibrücken mit einigen der exponiertesten Vertreter der Bewegung, wie z.B. Philipp Jakob Siebenpfeiffer, zu einem Zentrum der deutschen Demokratiebewegung entwickelt (Schlüsselwort: Hambacher Fest 1832). Viele der Druckschriften dieses Kreises mit Forderungen zu Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit wurden in Zweibrücken auch auf Dinglerpressen gedruckt und zeigten erstmals sehr deutliche Wege aus den damaligen obrigkeitsstaatlichen Herrschaftssystemen hin zu einem demokratisch verfassten Nationalstaat auf - wenn dies auch zunächst scheiterte (s. Quellen).

Original-Dinglerpressen befinden sich nicht nur im Deutschen Museum (München), sondern z.B. auch im Gutenberg-Museum (Mainz) sowie im Zweibrücker Stadtmuseum.

Quellen: Ludwig, Hans (1992) Die Industrialisierung Zweibrückens "Die Dinglerwerke": Zweibrücken (Pfalz), Bierbach (Saar), Ilsenburg (Harz) und Polysius (Sachsen-Anhalt); ein Stück deutscher Industriegeschichte; die historische Aufarbeitung der Industriestadt Zweibrücken. Zweibrücken.

In Bezug auf sowohl die industrielle als auch die März-Revolution ist weiter sehr wichtig:

Glück-Christmann, Charlotte (2002) Zweibrücken 1793 bis 1918: Ein langes Jahrhundert. Blieskastel, mit den einschlägigen Kapiteln von Martin Baus („In hiesiger Gegend ist alles fortwährend ruhig“ – Vormärz und Revolution in Zweibrücken, S. 175-203), Walter Dury („Zweibrücken – Die pfälzische Residenz des Rechts“, S. 150-173), Helmut Reichling („Zweibrücken und die industrielle Revolution“, S. 71-111) und Johannes Schöndorf („Das Zweibrücker Buch- und Zeitungswesen im 19. Jahrhundert, S. 269-311)

https://www.deutsche-biographie.de/pnd134029690.html#ndbcontent; https://www.wirtschaftsgeschichte-rlp.de/a-z/d/dinglerwerke.html; https://www.regionalgeschichte.net/pfalz/zweibruecken/einzelaspekte/

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